Der Sparverein Vogelsang
von Manfred Heidrich

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg förderten die Geldinstitute die Gründung von Sparvereinen, vor allem, um Kunden zu gewinnen. Um die damals noch wenig verbreiteten Girokonten zu gewinnen, wurden die Sparvereine in ihrer Organisation nach allen Kräften unterstützt. So spendierte die Volksbank bis gegen Ende des Jahrhunderts zum Sparessen mehrere Flaschen Spirituosen.

Am 07.03.1958 gründete sich der Sparverein „Vogelsang“. Die Mitgliederzahl von 25 Personen stand in keinem Verhältnis zu den Sparfächern: 2 Stahlkästen mit je 60 Fächern wurden in der Gaststätte Hr. Bombeck und der Bäckerei H.H. Warnecke installiert. Ein Vorstand wurde gewählt, „Vorsitzer“ (das steht so in der Gründungssatzung) Herbert Schröder, Kassenwart Otto Hilmer und Schriftführer Adolf Ripke.

Satzung vom 7.3.1958
Satzung vom 7.3.1958

Zu dem Zeitpunkt wurde mit Summen gearbeitet, die heute unvorstellbar sind: 1,00 DM mussten jeden Donnerstag in dem entsprechenden Sparfach sein, sonst waren 0,50 DM Strafgeld fällig. Als Geldinstitut fungierte die Spar- und Darlehnskasse Wrestedt.

Neben dem regelmäßigen Sparen veranstaltete der Verein viele gemeinsame Aktionen. Es gab Ausflüge, am Tag der Auszahlung einen lustigen Abend mit Knobeln, vielen Preisen und „großem“ Essen, finanziert durch die Zinserträge auf die Spareinlagen und die „Strafgelder“.

Am 09.01.2002 erfolgte die Umstellung auf den EURO. Ab dem Datum betrug der Sparbeitrag 3 € für je 2 Wochen. Wann die Umstellung von wöchentlich auf 14–tägig erfolgte, ist nicht dokumentiert. Der Verein hatte als Höchststand 73 und zum Schluss noch 41 Mitglieder.

Sparessen 2007
Sparessen 2007

Als besondere Ereignisse sind die Diebstähle der Sparkästen am 15.04.2003 und am 28.11.2007 zu erwähnen: 15.04.2003 – Der mit 104 € gefüllte Kasten wurde aus der Gaststätte „Cafè Bornbachtal“ entwendet. Daraus ist zu schließen, dass irgendwann ein Umzug eines der Sparkästen in oben genanntes Cafe erfolgt sein muss. Die Summe wurde von der Versicherung ersetzt. 28.11.2007 – Der in der Bäckerei Warnecke installierte Kasten wurde von der Wand gerissen, der Dieb verfolgt und der Kasten gerettet. Es entstanden keine Verluste. Anschließend wurde der Kasten wieder montiert.

2009 erfolgte die Kündigung der Versicherung für die Sparschränke, da die Prämien in keinem Verhältnis zu einer möglichen Schadenssumme standen. Der neue Eigentümer des Cafès Bornbachtal gestattete 2019 die Nutzung des Sparkastens nicht mehr. Der Kasten wurde in das Jugendzentrum umgehängt.

2019 kommen mehrere Ereignisse zusammen, die zur Auflösung des Vereins führten:

  • Die Volksbankfiliale Wrestedt schloss und die Filiale Suderburg änderte ihre Öffnungszeiten so, dass die Spargelder von den Kassierern zu Haus aufbewahrt werden müssten,
  • der Verein sollte jährlich eine Steuererklärung (Zinsen werden als Kapitalertrag angesehen) abgeben,
  • die Coronapandemie verhinderte ein geordnetes Sparen, da die Sparkästen nicht mehr zu jeder Zeit zugänglich waren, zum Teil gar nicht,
  • die Datenschutzverordnung sollte zwingend umgesetzt werden,
  • als Zinsen für das ganze Jahr 2018 bei über 20.000 € Einlage wurden lediglich 0,97 € gutgeschrieben.

Damit war eine Zukunft für den Verein nicht mehr darstellbar und der Verein beschloss seine Auflösung.