Das Sommerbad in Stadensen
von Reinhard Wagner
Die Anfänge
In den 1950er Jahren gibt es nicht sehr viele Freizeitangebote im Kreis, und so beschließen die Stadenser 1954, für sich eine Möglichkeit zu schaffen, um sich in den Sommermonaten im kühlen Nass zu erfrischen. Einen passenden Ort finden sie am Feldweg, der vom Kriegerdenkmal ausgehend in die Felder führt. Heute erinnert nur ein Karpfenteich an die ersten Erdarbeiten für eine Bademöglichkeit. Dieser Versuch scheitert allerdings an der sehr schlechten Wasserqualität.
10 Jahre sollten vergehen, bis ein zweiter Versuch, diesmal erfolgreich, gestartet wird. Der Gemeinderat hatte beschlossen, ein Freibad zu bauen. Ein neuer Standort, näher am Dorf gelegen, wird gefunden, und so beginnen die Bauarbeiten 1964. Die Jahre 1965 bis 1970 sind erfüllt von vielen Baumaßnahmen, die in ihrer Gestaltung den heutigen Zustand widerspiegeln. Generationen von Kindern haben hier schwimmen gelernt. Das Sommerbad war und ist ein beliebter Treffpunkt für Alt und Jung aus Stadensen und den umliegenden Dörfern.
Durch den Einbau einer Heizungsanlage ist es seit 1972 möglich, die Wassertemperatur auf 23° zu erhöhen. 1999 ist mit der inzwischen veralteten Heizungsanlage die gewünschte Wassertemperatur nicht mehr zu erreichen. Aber auch andere Sanierungsarbeiten waren notwendig geworden und hätten Kosten von 120.000 DM verursacht.
Die Gründung der ISO
Im Jahr 1999 beschließt die Samtgemeinde Wrestedt als Betreiberin des Sommerbades, in Folge hoher Betriebskosten und insbesondere der anstehenden Investitionen, das Bad zu schließen. Damit haben sich engagierte Bürgerinnen und Bürger, allen voran der Badeclub „NeStaNiWreSu“ (steht für Nettelkamp, Stadensen, Nienwohlde, Wrestedt, Suderburg – das damalige hauptsächliche Einzugsgebiet des Bades), nicht abgefunden und gründen 2000 die Interessengemeinschaft Sommerbad Stadensen (ISO) mit dem Ziel, das Bad zu erhalten.
Seit 2002 betreibt nun die Interessengemeinschaft Sommerbad Stadensen e.V. das Bad in privater Trägerschaft. Im Regierungsbezirk Lüneburg war das Sommerbad Stadensen damit eines der ersten Freibäder, das in privater Verwaltung durch einen gemeinnützigen Verein geführt wird. Neben einem Betriebskostenzuschuss seitens der Samtgemeinde finanziert sich der Betrieb ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Eintrittsgeldern und Spenden. Und nach wie vor erfreut sich das Sommerbad großer Beliebtheit bei seinen Besuchern, die mittlerweile aus den Gemeinden Wrestedt und Suderburg, aus der Hansestadt Uelzen und noch von weiter her nach Stadensen kommen.
Ausbau und Modernisierung
Im Lauf der Jahre wird die Badanlage durch die ISO, unterstützt von Spendern und örtlichen Handwerkern, kontinuierlich ausgebaut. Eine Werbetafel wird eingerichtet und ein Spielplatz. 2004 erhält das Bad eine neue Heizungsanlage. 2005 wurde das Becken komplett mit Folie ausgekleidet. 2019 wird mit Fördermitteln der Celle-Uelzen Netz eine neue Heizungsanlage und neue Pumpen eingebaut, beides Maßnahmen, um Energie zu sparen.
2020 gelingt es, für die ISO Fördermittel aus dem EU LEADER Programm einzuwerben, was mit Unterstützung der Gemeinden Wrestedt und Suderburg ermöglicht wird. Neben einigen Spielgeräten konnte ein schon lange gewünschtes Projekt verwirklicht werden: Der Bau einer wirklich behindertengerechten Umkleide mit Dusche und WC. Im Jahr darauf wird mit großzügigen Spenden ein Lifter installiert, mit dem auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen ins Wasser gelangen können. Damit wird das Sommerbad zu einem der ersten barrierefreien Bäder im weiten Umkreis.
Besonders verdient gemacht hat sich um diese Projekte Thomas Schulz, dem Bad mit seiner Tauchschule schon lange verbunden, der selbst seit einem Unfall im Rollstuhl saß. Mit großem Tatendrang hat er auch andere Projekte im Sommerbad vorangebracht, bis zu seinem viel zu frühen Tod im April 2023.
Besonderheiten des Bades
Die Besucher schätzen am Sommerbad Stadensen insbesondere die familiäre, ruhige Atmosphäre. Ein besonderes Merkmal des Bades ist das Badewasser, das mit minimalem Chloreinsatz auskommt. Die Schwimmerinnen und Schwimmer merken das an ausbleibenden Reizungen der Haut und der Augen, trotzdem ist die Wasserqualität gleichbleibend gut und keimfrei, wie regelmäßige Untersuchungen durch das Gesundheitsamt und die Ostfalia Hochschule in Suderburg beweisen.
Das Bad macht regelmäßig mit Veranstaltungen auf sich aufmerksam, die von einem breit gestreuten Publikum honoriert werden. So gab es bis 2019 jeden Dienstag das „Tortenbuffet nach Landfrauenart“, zu dem Frauen aus Stadensen und Umgebung wunderbare Torten und Kuchen beitrugen, Woche für Woche. Der Staudenmarkt und das Nachtschwimmen mit Cocktailabend sind weitere Höhepunkte der Badesaison.
Sport und Ausbildung
Die DLRG-Ortsgruppe Stadensen nutzt das Bad für ihr Training und die Ausbildung von Rettungsschwimmern. Unzählige Kinder lernen in der DLRG oder in den von den Fachkräften angebotenen Schwimmkursen das Schwimmen. In Zeiten, wo immer weniger Menschen Schwimmen lernen, und zunehmend Menschen ertrinken, ist das ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheit und Sicherheit der Menschen. Auch Erwachsene können bei der DLRG Schwimmen lernen oder trainieren. Und in der Zeit, als es in Stadensen ein Haus für Geflüchtete gab, wurden hier auch Schwimmkurse für Geflüchtete als Beitrag zur Integration angeboten.
Grundschulen aus umliegenden Gemeinden nutzen das Bad für den Schwimmunterricht. Die Tauchschule Schulz führt hier ihr Training, und auch Schnupperkurse für Interessierte, durch. Eine Besonderheit dabei ist, dass der Tauchlehrer Thomas Schulz hier einen Stützpunkt für Handicap-Tauchen errichtet hat und Tauchen für Menschen mit Behinderung angeboten hat als Beitrag zur Integration.
Das Bad kooperiert auch mit umliegenden Sportvereinen. So betreibt der TSV Nettelkamp hier eine Beachvolleyball-Anlage, die von Jugendlichen gern angenommen wird. In Zusammenarbeit mit den Sportvereinen Stadensen und Wrestedt-Stederdorf und der DLRG führt die ISO jedes Jahr einen Sportabzeichentag durch, der sich steigender Beliebtheit erfreut.
Ehrenamtliches Engagement
Das Sommerbad konnte so viele Jahre nur mit breiter Unterstützung vieler Freiwilliger aufrechterhalten werden. Der „Badeclub“ wurde 1979 gegründet und war viele Jahre aktiv fürs Sommerbad. Sein Name NeStaNiWreSu verbindet die Mitglieder der umliegenden Dörfer Nettelkamp, Stadensen, Nienwohlde, Wrestedt und Suderburg. Im Frühjahr bereiteten die Mitglieder des Badeclubs das Gelände für die kommende Saison vor. Im Herbst verhinderten sie durch ihren Einsatz, dass das Becken sich mit Laub zusetzt. Durch viele ehrenamtliche Tätigkeiten unterstützten sie die ISO.
Lange Jahre hat das „Putzteam“ tagaus, tagein nach Badeschluss die Sanitärräume und Umkleiden gereinigt. Erst als es immer schwieriger wurde, ausreichend Freiwillige für diese Arbeit zu finden, musste die Arbeit an eine Reinigungskraft übergeben werden.
Der Kiosk
Was wäre ein Freibad ohne Speisen und Getränke, ohne die Möglichkeit, in gemütlicher Runde beisammen zu sitzen, einen Kaffee zu genießen und zu klönen? Wahrscheinlich ein Bad ohne Gäste. Während von den einst zahlreich im Dorf vorhandenen Gastwirtschaften nun keine mehr besteht, bietet der Kiosk mit seiner Terrasse im Sommerbad zumindest in den Sommermonaten einen beliebten Treffpunkt für alle Menschen, die lieber den persönlichen Kontakt und das Gespräch suchen als die Kommunikation über die sogenannten „sozialen“ Medien.
Seit der Entstehung des Sommerbades leitete Waltraut Gödecke den Kiosk. Sie war die Seele des Bades, bis sie 2016 gesundheitsbedingt aufhören musste. Seither haben verschiedene Pächter den Kiosk weitergeführt.
Fachkräfte und Vorsitzende
Die Fachkräfte im Sommerbad Stadensen: 1970 Peter Linne, 1995 Gerd Latzko, 2002 Nicole Thalmann, unterstützt von Heinz Albrecht, 2005 Ina Lorenzen, 2006 Katrin Schulz, 2011 Nina Both, 2006 bis 2021 unterstützt von Gerd Hübscher.
Die Vorsitzenden der ISO: 2000-2011: Joachim Evers, 2011-2016: Rainer Altmann, seit 2016: Reinhard Wagner

25 Jahre ISO – Ausblick
Im Jahr 2025 feiert die ISO ihren 25. Geburtstag. Dazu führt der Vorsitzende Reinhard Wagner aus: „Das Ziel des Vereins und seines Vorstands ist es, das Sommerbad Stadensen auch weiterhin als einen wichtigen Treffpunkt und Integrationspunkt für Menschen jeden Alters zu erhalten und weiterzuentwickeln, der weit über das Dorf Stadensen und die Gemeinde Wrestedt in den Landkreis ausstrahlt.
Die Unterstützer des Bades aus den Anfangsjahren der ISO gehören nunmehr mehrheitlich der älteren Generation an, einige Förderer der ersten Stunde sind bereits verstorben oder in ihren Möglichkeiten, sich für den Erhalt des Bades einzusetzen, mittlerweile eingeschränkt. Gemeinsam setzen sich die Mitglieder der ISO dafür ein, das Bad für Menschen jeden Alters, auch für Jüngere, für junge Familien, Kinder und Jugendliche, aber auch für Menschen mit Einschränkungen und alle, die den familiären Charakter unseres Bades schätzen, immer attraktiver zu machen, um so den dauerhaften Bestand zu sichern.“
Quelle:
Reinhard Wagner: Das Sommerbad in Stadensen. Interessengemeinschaft Sommerbad Stadensen e.V.
