Gesangverein „Heiderose“ Stadensen
von Edda Bombeck-Schulz, Claudia Lindloff und Monika Schlothane

Die Gründung 1887/1888

Laut Kreisarchiv Uelzen stellt der Gärtner Otto Lindloff aus Stadensen am 20. 12.1887 beim Landratsamt in Oldenstadt den Antrag, „den Männern und Jünglingen zu Stadensen“ die Genehmigung zur Gründung eines Gesangvereins zu erteilen. Präsident wurde Otto Lindloff, Dirigent Lehrer Weitemeyer und Kassenführer der Tischlermeister Friedrich Müller. Die Übungsstunden sollen zweimal wöchentlich, und zwar Dienstag und sonnabendabends von 20. 20 bis 22 Uhr stattfinden.

Am 05.01.1888 wird vom Landratsamt die Genehmigung erteilt. Doch die anfängliche Begeisterung erlischt allmählich, wöchentlich zwei Übungsabende sind für bäuerlich und handwerklich orientierten Männer doch zu viel, so dass die Chorproben nur noch einmal wöchentlich stattfinden. Trotzdem werden die Übungsabende immer weniger besucht und fallen schließlich ganz aus.

Die Liedertafel des Kriegervereins

Als im Jahre 1892 der Kriegerverein Stadensen und Umgebung gegründet wird, beschließt man, die großen nationalen Feste – Kaisers Geburtstag, Sedan usw. – durch Liedvorträge zu verschönen. So wird aus dem früheren Gesangverein die „Liedertafel des Kriegervereins Stadensen“, gegründet 1895. Allerdings wünscht man, dass die Mitglieder der Liedertafel möglichst auch Mitglieder des Kriegervereins werden. Alle Nichtmitglieder des Kriegervereins, die in der Liedertafel mitsingen wollen, müssen sich den Satzungen des Vereins unterwerfen; das heißt, man verlangt von ihnen unbedingte Treue zu Kaiser und Reich, die dürfen auch nicht Mitglieder oder Anhänger der SPD oder der Welfenpartei sein.

Gründung des Männergesangvereins „Heiderose“ 1896

Diese harten Bedingungen führen schon ein Jahr später zur Auflösung der Liedertafel und zur Gründung des Männergesangvereins „Heiderose“ Stadensen am 9. November 1896. Mit diesem Namen wollte man die enge Verbindung zur heimatlichen Heidelandschaft dokumentieren. Dass diesem neugegründeten Verein von Seiten der Behörde zunächst Misstrauen entgegengebracht wird, geht aus einem Schreiben des Landrats an den Gendarmen Grote in Suderburg vom 12. November 1896 hervor. In diesem Schreiben heißt es, der Gendarm Grote solle Erkundigungen einziehen und sich selber dazu äußern, ob der neugebildete Männergesangverein Stadensen auch wirklich an die Stelle der Liedertafel des Kriegervereins getreten sei. Dem Landrat erscheint es „auffallend und bedenklich“, dass der Männergesang seine Tätigkeit mit einem Ball beginnen wolle, der ausgerechnet in dem Lokal Licht stattfinde (später Aevermann’s Gasthaus), in dem auch der „Welfenklub Hannover“ seine Zusammenkünfte habe. Die Behörde vermutet also in dem neugegründeten Verein eine welfische Untergrundbewegung, und erst nach genauer Prüfung durch den Gendarmen und einer Befragung von neutralen Stadenser Männern wird die Genehmigung erteilt.

Folgende Auflagen werden mit der Zulassung verbunden: „Ich mache darauf aufmerksam, dass das Klubzimmer des Vereins als solches von außen erkennbar sein und in demselben eine Liste der Mitglieder sowie der etwa eingeführten Gäste ausliegen muss. Diese Listen sind einem revidierenden Beamten vorzulegen. Die Mitglieder und die eingeführten Gäste dürfen nach 10 Uhr abends nicht in den übrigen Räumen der Licht’schen Gastwirtschaft, sondern nur im Vereinszimmer verweilen!“

Auch im neuen Verein lässt der Besuch der Übungsabende merklich nach, trotz Beschränkung auf einen Übungsabend wöchentlich. Weitemeyer versucht es mit einem gemischten Chor, jedoch auch ohne Erfolg.

Wechselvolle Jahre bis zum Zweiten Weltkrieg

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts entstand unter der Stabführung des Musikmeisters Lindloff aus Nienwohlde erneut ein Männerchor, der im Jahre 1923 wiederum von einem gemischten Chor abgelöst wird. Viele Sänger sind im großen Krieg gefallen. Nach eingehender Werbung bildet sich 1925 nochmals ein Männerchor, der weiterhin von dem Musikmeister Lindloff geleitet wird.

Der Nationalsozialismus bringt den Sängern eine Neugliederung auf Landesebene. Die „Vereinigten Norddeutschen Liedertafeln von 1831″ und der „Sängerbund Niedersachsen“ werden zu einem Einheitsbund „Sängerbund Niedersachsen von 1831″ zusammengeschlossen (11. 09.1933). Der Gesangverein „Heiderose“ konnte trotz der erhöhten Inanspruchnahme der jüngeren Mitglieder durch die nationalsozialistischen Gruppierungen seine Tätigkeit bis zum Kriegsbeginn 1939 ausüben. Während der Kriegswirren ruht das Vereinsleben.

Neubeginn nach dem Krieg

Der frühere längjährige Vorsitzende des Vereins, Wilhelm Krüger, ruft nach dem Krieg zur Wiederaufnahme des Vereinslebens auf. Am 07.10.1948 wird in einer Versammlung bei dem Sangesbruder Gastwirt Bombeck der alte Männergesangverein Heiderose wieder aktiviert, mit zunächst 22 Mitgliedern. Nach einer Werbeveranstaltung im Bombeckschen Saal am 31.10.1948, gestaltet von dem Männergesangverein Wrestedt, steigt die Mitgliederzahl auf 45 aktive Sänger. Chorleiter wird der Lehrer Otto Dreibrodt; erster Vorsitzender wird wieder Wilhelm Krüger, der aber das Amt am 04.01.1950 aus Krankheitsgründen an den Sangesbruder Wilhelm Lindloff abgab. Krüger blieb bis zu seinem Tod am 18.08.1951 Ehrenvorsitzender und aktiver Sänger.

Umzug während des Gruppensängerfestes 1951 in der Schulstraße
Umzug während des Gruppensängerfestes 1951 in der Schulstraße
Gruppensängerfest 1951 auf dem Hof Adolf Warnecke
Gruppensängerfest 1951 auf dem Hof Adolf Warnecke

Am 24. Juni 1951, dem „Tag des Deutschen Liedes“, feiert die neugegründete Sängergruppe Wieren ihr erstes Gruppensängerfest in Stadensen auf dem Hof von Dr. Adolf Warnecke. Zu der Sängergruppe Wieren gehören die Chöre Nettelkamp, Groß Bollensen, Wieren, Ostedt, Lehmke, Nienwohlde und Stadensen. Später kommen die Chöre Hösseringen und Wrestedt hinzu. Das schon traditionelle Chortreffen fördert den Gemeinschaftsgeist der Sänger über die Gemeindegrenzen hinaus.

Die Vorsitzenden nach 1950

Wilhelm Lindloff legt sein Amt als 1. Vorsitzender des Männergesangvereins am 10. Januar 1953 nieder. Aus dieser Zeit stammt die Vereinsfahne. Lindloffs Nachfolger wird Wilhelm Gödecke, bis zum 15. 01.1955. In dieser Zeit wird der Männerchor wieder in einen gemischten Chor umgewandelt, wie bereits schon zweimal zuvor – jetzt offenbar erfolgreich. Den Vorsitz übernimmt nun Otto Schulz, der aus persönlichen Gründen am 18. Januar 1964 als Vereinsvorsitzer und als aktiver Sänger aus dem Verein ausscheidet. Ihm folgt Gastwirt Wilhelm Schulz. Dieser stellt krankheitsbedingt sein Amt im Januar 1970 zur Verfügung. Johannes Schulenburg wird sein Nachfolger. 1979 legt dieser sein Amt aus Altersgründen nieder und der bisherige 2. Vorsitzende, Walter Warnecke, jun. wird einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt.

Vor der Sommerpause 1979 legt auch der Chorleiter Otto Dreibrodt sein Amt aus Altersgründen nieder. Während seiner 31-jährigen Tätigkeit als Chorleiter erkennt Otto Dreibrodt stets den hohen Stellenwert eines Gesangvereins für das kulturelle Leben in einem Ort wie Stadensen und setzt sich auch später als Ehrenchorleiter immer wieder für den Chor ein. Sein Nachfolger wird der Bundesgrenzschutz-Beamte Walter Schlothane. Der erste Übungsabend unter seiner Leitung findet am 07.09.1979 statt. Seit dieser Zeit leiten Walter Warnecke als Vorsitzender und Walter Schlothane als Chorleiter den Gesangverein „Heiderose“ Stadensen.

Blütezeit und Erfolge

Durch intensive Werbung im gleichen Jahr erhöht sich die Zahl der aktiven Mitglieder auf 35 Sängerinnen und 22 Sänger, dies ist auch die historisch höchste Aktivenzahl des Vereins. Seit 1986 findet jährlich ein Treffen der Chöre Soltendieck, Lüder, Schostorf und Stadensen statt. Außerdem bestand von 1983 bis 2003 eine Verbindung zum gemischten Chor Waldeck-Freienhagen. 1981 hat der Gesangverein „Heiderose“ einen großen Erfolg mit der Aufnahme einer eigenen Schallplatte. Im Jahr 1981 wird ein Kinderchor gegründet, den Birgit Alpers leitete. Der Chor löste sich jedoch 1983 wieder auf.

Verleihung der Zelter-Plakette an Walter Warnecke und Walter Schlothane
Verleihung der Zelter-Plakette an Walter Warnecke und Walter Schlothane
Zelter-Plakette
Zelter-Plakette

Eine besondere Ehre wird dem Gesangverein im Rahmen der 100-Jahr-Feier am 26. 03.1988 im festlich geschmückten Schützenhaus in Kallenbrock zuteil, als der Oberkreisdirektor Theodor Elster die vom damaligen Bundespräsidenten verliehene Zelter-Plakette dem Vereinsvorsitzenden Walter Warnecke überreicht. Mit dieser Plakette wird der Chor für die vorbildliche Pflege der Chormusik ausgezeichnet. Dieser Verpflichtung ist der Chor bis heute treu geblieben.

Vielfältige Auftritte

Der Gesangverein verfügt über eine vielseitige Palette von Liedern, aus der an Jubiläen, zu Weihnachten in der Kirche oder in Konzerten reichlich Kostproben gegeben werden. Auch die jährliche Sommerbad-Eröffnung, die Adventsfeier der Feuerwehr, zu Geburtstagen, Jubiläen oder zu Beerdigungen bringt sich der Gesangverein mit Liedvorträgen ein.

Gemischter Chor Heiderose 1988
Gemischter Chor Heiderose 1988

Schwierige Zeiten ab 2020

Schwierige Zeiten brechen im Jahr 2020 für den Gesangverein an. Im Februar kann der Chor noch einem Chormitglied zum 70. Geburtstag ein Ständchen bringen und auch die Festgesellschaft mit einem Liedvortrag erfreuen. Bereits im März wird die Jahreshauptversammlung abgesagt, denn das öffentliche Leben kommt durch die Corona-Covid-19-Pandemie zum Erliegen. Treffen mit mehreren Personen dürfen nicht mehr stattfinden. Die Übungsabende und geplante Konzerte des Gesangvereins fallen für einen langen Zeitraum bis Ende Juni 2021 aus. Im Sommer 2021 finden die Übungsabende auf dem Hof von Walter Warnecke statt, bei schlechtem Wetter im „Bullenstall“. Von Oktober 2021 bis Mai 2022 fallen die Proben wieder aus, da die Zahl der Erkrankungen in der Bevölkerung wieder zunimmt und die Sängerinnen und Sänger nicht unnötigen Gesundheitsrisiken ausgesetzt werden sollen.

Chor Heiderose 2024 mit der Vereinsfahne von 1953
Chor „Heiderose“ 2024 mit der Vereinsfahne von 1953

Ein weiteres Problem hat der Chor im Sommer 2021 zu bewältigen, da der Übungsraum, das ehemalige Jugendzentrum in Stadensen, für einen geplanten Zeitraum von 1 bis 1 ½ Jahren dem Chor nicht zur Verfügung stehen wird. Die Gemeinde benötigt die Räumlichkeiten zur Unterbringung der Kinder während der Bauzeit einer neuen Kindertagesstätte. Dieser Zustand zieht sich bis Sommer 2023 hin. Da keine weiteren Ausweichmöglichkeiten zu finden sind, probt der Chor weiter im Bullenstall von Walter Warnecke und während der Wintermonate 2022/23 im Gemeindehaus der evangelischen Landeskirche Nettelkamp. Seit August 2023 steht dem Chor wieder der Raum des ehemaligen Jugendzentrums als Übungsraum zur Verfügung.

Der Chor heute

Der Gesangverein besteht im Jahr 2023 aus 25 aktiven Sängerinnen und Sängern und 21 passiven Mitgliedern. Um bei Chorauftritten die einzelnen Stimmen gut besetzen zu können, beschließen die Chöre „Heiderose“ Stadensen und „Frohsinn“ Hösseringen als Chorgemeinschaft aufzutreten. Chorleiter dieser beiden Chöre ist Walter Schlothane, was das Einstudieren der vorzutragenden Lieder erleichtert.

Wie schon bei der Vereinsgründung im Jahre 1888 ist das Hauptziel des Gesangvereins die Vereinigung von Menschen, die Freude am Gesang haben, zu einer festen Gemeinschaft. Der Chor will aber auch den Zuhörern durch die Schönheit des Liedes Freude bereiten und nicht zuletzt Geselligkeit pflegen, denn auch sie gehört zum festen Bestandteil einer wahren menschlichen Gemeinschaft.


Die Heiderose-Harmoniker
von Rolf Alpers

Anfang des Jahrtausends kam bei einigen Sängern im Gesangverein „Heiderose“ der Wunsch auf, innerhalb des Gesangvereins einen Männerchor zu etablieren. Ein offizielles Gründungsdatum gibt es nicht; erste Übungsabende fanden ab 2001 statt. Das erste öffentliche Konzert gab der Chor unter dem Namen „Heiderose-Harmoniker“ am 5.11.2006 im Schützenhaus Kallenbrock. Es folgten Auftritte auf privaten Feiern. Ab 2008 zählten die adventlichen Konzerte beim „Uelzener Weihnachtszauber“ in der Uelzener Sankt-Marien-Kirche zum festen Programm. Unbestrittener Höhepunkt war das abendfüllende Konzert in der Uelzener Kulturnhalle am 23.9.2011 mit dem Titel „Heide-Moll und Rosen-Dur – A Capella von Capri bis Kaktus“. In den folgenden Jahren gab es ein Konzert im Sommerbad Stadensen und immer wieder Weihnachtskonzerte in der Sankt-Marien-Kirche Uelzen und in der Uelzener Residenz „Rosenmauer“. Am 15.3.2013 gestalteten die „Heiderose-Harmoniker“ zusammen mit dem Gesangverein „Heiderose“ ein Programm zum 125-jährigen Bestehen des Gesangvereins.

Heiderose-Harmoniker 2010
Heiderose-Harmoniker 2010 (v.l.n. r.: Klaus Neumann, Hans-Heinrich Warnecke, Bernd Lange, Rolf Alpers, Walter Schlothane, Gerd Reckow, Matthias Rüger, Ulrich Schulze, Günter Porn, Rainer Altmann)

Die „Heiderose-Harmoniker“ begannen mit 8 Sängern. Später wuchs die Truppe auf bis zu 12 Mitglieder an. Von Beginn an leitete Walter Schlothane den Chor. Nach den letzten Auftritten im Jahr 2016 machte sich das Alter bemerkbar. Nach Wechsel von Sängern vom Tenor zum Bass und nach zwei Todesfällen war der Chor nicht mehr singfähig und löste sich etwa 15 Jahre nach seiner Gründung auf.

Quellen:
Edda Bombeck-Schulz, Claudia Lindloff und Monika Schlothane: Gesangverein „Heiderose“ Stadensen.
Rolf Alpers: Die Heiderose-Harmoniker.